01.02.2024


Nach langer Ferienpause trafen wir uns wieder mit den Kolleginnen und Kollegen in der Stadthalle zur ersten Sitzung im neuen Jahr. Die Tagesordnung war wie immer voll, der Liveticker und der Livestream liefen. Im Video sieht man dankenswerterweise immer das Abstimmungsverhalten aller in einer Totalaufnahme. Liebe Bürger und Bürgerinnen, da könnt Ihr noch mal selbst nachschauen, wie Eure Stadtverordneten, die Ihr gewählt habt, für Euch abstimmen. In der Offenbach-Post wird das nämlich manchmal falsch berichtet. Auch für uns ist es mit dieser Totalaufnahme einfacher, zu berichten, denn wir sitzen am Rand und können leicht etwas übersehen. Wir empfehlen Euch, Screenshots von den Abstimmungen zu machen oder besser gleich das ganze Video mitzuschneiden, bevor es gelöscht wird (das geht gut mit der Open-Source-Software OBS Studio). Veröffentlichen darf man den Mitschnitt aus Urheberrechtsgründen allerdings nicht.

Und hier sind die Ofa-Highlights:



Bündnis für biologische Vielfalt (Video ab 44.25)

Die Linken hatten beantragt, dass die Stadt dem Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ beitritt. Dieser Antrag war schon im letzten Jahr gestellt, aber verschoben worden, weil erst im Ausschuss (USV) ein Vertreter aus Frankfurt auftreten sollte, der über die Erfahrungen der Nachbarstadt mit diesem Bündnis berichten sollte. Dessen Bericht war sehr interessant und vielversprechend, und so sind wir überzeugt, dass der Beitritt der Stadt Offenbach zu erfolgreicheren Bemühungen um biologische Vielfalt verhelfen kann. Auch die Grünen waren angetan, anders als in der Sitzung vom 10.03.2022, in der wir beantragt hatten, dass die Stadt dem Bündnis „Globale Nachhaltige Kommunen“ beitritt. Sie fanden damals, dass Offenbach schon viel zu gut sei in Nachhaltigkeit und das überhaupt nicht nötig habe. Anscheinend haben sie diese Haltung noch mal überdacht. Bei den Freien Wählern ist es umgekehrt, sie waren damals für unseren Antrag, aber jetzt gegen den der Linken, es sei Geldverschwendung.

Für den Antrag gestimmt haben wir, Linke, die Grünen, SPD und FDP, dagegen die Freien Wähler, CDU und AFD, keine Enthaltungen.

Das Kulturfest der Nationen wird jährlich vom Ausländerbeirat veranstaltet. Ein Besuch lohnt sich.

Kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer (Video ab 57:10)

Über diesen Antrag des Ausländerbeirats haben wir uns sehr gefreut, denn drei von uns sind dort Mitglieder (Magda Cichy, Yakeline Cadena Perez de Prinz und Helena da Silva), zwei weitere (Helge und Annette) nehmen regelmäßig an den Sitzungen teil. Im ALB waren sich alle einig, dass ein kommunales Wahlrecht für alle in Offenbach sehr wichtig ist.

Hier ist Annettes Rede zum Thema (Video ab 1:19:48).

Wir haben ein kommunales Wahlrecht für alle Offenbacher und Offenbacherinnen schon lange gefordert!

Wer hier lebt und hier arbeitet, gehört zu uns, ohne Wenn und Aber. Wir haben auch bei Ofa einige Mitglieder, die sich politisch engagieren, aber sie dürfen nicht wählen!

Schauen wir uns doch an, welche Themen hier immer auf den Tagesordnungen stehen:

Womit haben die zu tun? Mit dem Wohnort! Nicht mit dem deutschen Pass!

Es geht darum, dass wir hier in Offenbach gut leben wollen, und die Einzelheiten dazu müssen von denen, die es was angeht, auf demokratische Weise ausgehandelt werden.

Es geht um Stadtentwicklung, Schulen, Verkehr, Nachhaltigkeit, Klima, Digitalisierung, Finanzen und so vieles mehr.

Wenn sich Eltern über schlechtes Schulessen oder verdreckte Klos aufregen, was hat das mit dem EU-Pass zu tun? Nichts! Es ist nicht gut für die Integration, wenn sie wissen, dass sie nicht mal wählen dürfen.

Wer in OF wohnt, hat dazu eine Meinung, die hängt nicht davon ab, ob der Pass EU ist oder nicht.

Nur der Ausländerbeirat reicht für die Mitbestimmung nicht aus, es geht ja um alle kommunalpolitischen Themen.

Es geht auch um unsere Kinder: wir wollen, dass sie alle miteinander leben, arbeiten, Freundschaften schließen und eine gemeinsame Zukunft haben, und dafür brauchen wir Integration.

Eine Abschlussbemerkung: bei den vielen Demos gegen rechts haben wir gezeigt, dass wir unsere Mitmenschen hier behalten wollen. Es waren alle Teile des demokratischen Spektrums vertreten, was nämlich sehr vielfältig und durchaus heterogen ist, auch hier in Offenbach. Aber es ist durchweg demokratisch! Es wäre schön gewesen, wenn das auch durch die Auswahl der Redner und Rednerinnen gezeigt worden wäre.

Demokratische Mitbestimmung wäre ein wichtiger Meilenstein!

Es ist allen klar, dass ein kommunales Wahlrecht auch für Nicht-EU-Bürger so schnell nicht kommen wird, denn dafür müsste sogar das Grundgesetz geändert werden. Trotzdem ist es wichtig, dass die Stadt sich positioniert und ein Zeichen setzt.

Bei Annettes Redebeitrg kam immer aggressives Zwischengeschrei von rechts. Die Versuche der Sitzungsleitung, dies zu stoppen, blieben erfolglos.

Für den Antrag gestimmt haben wir, die Grünen, die SPD und die Linken, dagegen waren CDU, Freie Wähler und die AFD, die FDP hat sich enthalten. (Video ab 1:43:38)

Kauf des Kaufhofs (Video ab 1:43:58)

Die alte Kaufhof-Fassade, bevor die Blechverkleidung davor kam. Bild: Hessisches Staatsarchiv, gepostet auf FB von U. Heidenreich

Es ist ja schon durch alle Zeitungen und alle sozialen Medien gegangen: Die Stadt will den Kaufhof kaufen, und darüber gehen die Meinungen auseinander.

Hierzu gab es zwei Anträge (Antrag1 und Antrag2) vom Oberbürgermeister. Normalerweise kommen solche Anträge vom Magistrat, aber der ist sich vermutlich nicht einig gewesen, deshalb hat sie der OB alleine gestellt.

In das Gebäude soll die „Station Mitte“ kommen, die ja schon öfter Thema in der Stv-Versammlung war. Sie soll das Herz der Innenstadt werden, denn so viele Geschäfte wie früher wird es nicht mehr geben. Dafür soll auch die Stadtbibliothek umziehen. Den Umzug finden wir schade, denn alle lieben den Bücherturm. Das Kulturcarree ist ein schöner funkionierender Stadtteil, den wir auch als „Innenstadt“ empfinden, und er sollte nicht ausgeschlachtet werden. Man hätte die Bibliothek auch mit dem Bernard-Bau erweitern können. Siehe hierzu unseren Bericht aus der Sitzung vom 09.03.2023.

Bücherturm, diba, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Reden aus der Koa betonten, wie wichtig Bibliotheken seien (ja, das sind sie!). Und wie toll eine „Station Mitte“ sei. Und die jetzige Bibliothek sei zu klein (ja, ist sie, aber man hätte sie auch anders erweitern können.) Sie betonten auch das „umfassende“ Budget, das im Haushalt für den Kauf bereit gestellt worden ist (So viel zum Thema „arme Stadt“!). Das Kulturcarree sei ja nur „am Rand“, dafür werde man später etwas finden. Es sei unfair, der Koa zu unterstellen, dass sie die Fassade nicht erhalten will. (Die Zeitung hat berichtet, dass Herr OB Schwenke behauptet, die Fassade sei zerstört. Wir haben in einer Anfrage nachgefragt, woher er das weiß. Wenn Nachfragen schon eine „Unterstellung“ sein soll….)

Und hier ist Helges Redebeitrag:

Ist Offenbach eine reiche oder arme Stadt? Wir haben mal ein Stadtkrankenhaus verkauft, danach hat die Stadt 430 Mio. Schulden gehabt. Das kann man nachlesen bei Correctiv, das immer sehr genau recherchiert. Das Musical Tommy hat die Bürger 5 Mio gekostet, für das Fußballstadion haben wir eine Stadiongesellschaft gegründet. Wenn ich mir die Geschäftsberichte durchlese, da wimmelt es von Besserungsscheinen, Forderungsverzichten und Quersubventionierungen. Stattdessen streichen wir Buslinien und erhöhen das Essensgeld für die Kinder. Wenn wir so eine arme Stadt sind, wäre es sinnvoller gewesen, wir hätten die Bibliothek renoviert, wären in den Bernard-Bau gezogen und hätten zusammen viel mehr Platz gehabt als vorher. Man kann natürlich sagen, dass das alles geprüft sei, und dass das trotzdem zu klein sei und nicht gehe. Aber als arme Stadt hätte man das durchaus machen können, wenn man nicht so gigantomanistisch gedacht hätte: „Wir brauchen das so groß!“. Man hätte auch etwas kleiner denken können.

Also ich wünsche dem Projekt alles, alles Gute, und hoffe, dass das alles funktioniert und die Finanzierung klappt. Aber wie schon angedeutet worden ist, dass gemäkelt wird: wir werden natürlich genau gucken, wenn die Gesellschaft gegründet ist, wie die Geschäftsberichte sind, wo das Geld dann fließt, wie das dann quersubventioniert wird, was das alles die Stadt dann kostet und ob das gut geht. Und auch, wenn wir nach 2026 nicht mehr im Stadtparlament sein sollten, werden wir trotzdem für die Offenbacher Bürger Transparenz herstellen, denn Geschäftsberichte sind öffentlich. Man kann sie immer anschauen. Es ist gar nicht so schwer zu lesen, wo das Geld herkommt und wo es hinwandert.

Sind wir nun eine arme Stadt? Warum wird das propagiert, aber nicht danach gehandelt? Und warum denkt man dann nicht etwas kleiner? Wir stimmen deshalb dagegen.

Die CDU stellte fest, dass vieles unklar sei: Flächen, Räumlichkeiten, Personal oder Betriebskonzept? Wie soll der Umbau aussehen? Kann die Stadt das finanziell tragen? Das sei alles bisher nicht klar. Deshalb hat sie einen Änderungsantrag gestellt. Sie rückt von ihrer bisherigen Haltung ab, den Umzug der Stadtbibliothek abzulehnen, weil sich die Lage durch die Möglichkeit, das Kaufhofgebäude zu erwerben, geändert hat. Sie ist allerdings besorgt, dass das Kulturcarree seinen prägenden Charakter verliert. Der Redner betonte auch, dass der Umzug die Probleme der Innenstadt nicht lösen wird. Sie ist aber trotzdem dafür, weil etwas mit dem Kaufhof passieren muss. In ihrem Änderungsantrag will sie den Kauf und die Nutzung trennen. Die seien im Ursprungsantrag zu stark verwoben. Umbau- und Betriebskosten seien ein unkalkulierbares Wagnis. Die CDU würde dem Ursprungsantrag nur zustimmen, wenn auch ihr Änderungsantrag angenommen würde.

Die CDU monierte auch die öffentliche Darstellung: Bei der Festveranstaltung und in der Presse sei alles schon als endgültige Sache dargestellt worden, obwohl der Beschluss noch gar nicht gefasst war. Ja, das kennen wir schon, das hatten wir schon öfter. Aber alle wissen, dass die Stv-Versammlung nun mal so funktioniert: Der Koalitionszwang in Offenbach geht über die im Grundgesetz festgelegte Abstimmung nach bestem Wissen und Gewissen, daher kann die Obrigkeit durchregieren. Die Sitzung mit den vielen Reden ist eigentlich nur ein formaler Akt des Abnickens, der nichts mehr ändert.

Immer wenn Frauen zum Thema geredet haben, kam aggressives Zwischengeschrei von rechts.

Für beide Anträge waren SPD, Grüne, FDP, die Linken und die Freien Wähler, dagegen waren die CDU und wir, die AFD hat sich enthalten.

Für den ÄA der CDU hat nur die CDU gestimmt, gegen den Ursprungsantrag waren wir und die CDU. Die AFD hat sich enthalten.

Verwaltungssprache muss den amtlichen Regeln entsprechen (Video 2:57:22)

Von der CDU kam der Antrag, dass die sich die Verwaltung an die Regeln des Rats für deutsche Rechtschreibung halten soll. Natürlich geht es dabei um das Gendern. Aber was ist das? Es gibt viele Varianten und viele Meinungen dazu. Als Hintergrundinfo sollte man wissen, dass der Rat den Sprachgebrauch ständig beobachtet und die Regeln dazu immer entsprechend anpasst.

Wir haben das Thema bei Ofa auch diskutiert. Folgendes kam dabei raus:

Zum Glück haben wir bei Ofa keinen Fraktionszwang. Deshalb haben wir unterschiedlich abgestimmt: Helge war für den Antrag, Jule dagegen, Annette hat sich enthalten und Nilay war gerade draußen. Für den Antrag waren außerdem CDU und AFD, dagegen Grüne, SPD und FDP.

Es ging aber eigentlich um etwas ganz anderes, und zwar lustiges: Im Koa-Vertrag der neuen Landesregierung aus CDU und SPD steht nämlich auch, dass man sich an die amtlichen Regeln halten soll. Das ist jetzt blöd für die SPD, die nun, je nachdem ob sie auf Landesebene oder auf Offenbacher Kommunalebene agiert, unterschiedlich reden muss. Das wirkt dann schon ganz schön scheinheilig und nicht authentisch. Es war lustig, zu beobachten, wie verschiedene SPD-Redner und -Rednerinnen herumeierten, um diesen Widerspruch zu rechtfertigen. (Wir hatten sowas aber auch schon früher, als unsere Offenbacher Grünen oft gegen die Politik ihrer Landesregierung stimmen mussten.)

Menstruationsprodukte (Video ab 3:39:04)

Diesen fraktionsübergreifenden Antrag haben wir gerne mitgetragen. Man erwartet auf öffentlichen Toiletten Klopapier, Seife und Handtücher. Es wird nicht erwartet, dass man diese Utensilien selber mitbringt. Ein großer Teil der Menschheit braucht auch ab und zu Menstruationsprodukte, und in einem zivilisierten Land sollte man es sich leisten, auch diese bereitzustellen.

Hierzu gab es schon früher mal eine Diskussion, in der Sitzung vom 21.07.2022. Schon damals war es lustig, wie in einem Bericht des Magistrats die Kosten hochgerechnet wurden. Die in Bericht geschätzten Kosten von über 250.000 Euro wurden nicht erreicht, sie beliefen sich stattdessen gerade mal auf 4.000 Euro. Auch das beschlossene Budget von 10.000 Euro wurde nicht ausgeschöpft. Der Probelauf soll daher verstetigt und auf alle Schulen und öffentliche Toiletten ausgeweitet werden.

Für den Antrag waren wir, die Grünen, SPD, FDP, Linke, CDU, dagegen war die AFD. Die Freien Wähler haben kein Kärtchen gehoben.

Informationsfreiheitsportal: Blitzartige Umsetzung eines Ofa-Antrags in vorauseilendem Gehorsam (Video ab 3:47:00)

Dieses Kapitel haben wir schon vorab in einem Blogbeitrag veröffentlicht, aber für die angenehmere Lesbarkeit kopieren wir es hier noch mal rein:

Es geht um eins unserer Lieblingsthemen, nämlich mehr Transparenz! Dazu haben wir mal wieder einen Antrag gestellt. Es gibt nämlich schon seit 2,5 Jahren eine Informationsfreiheitssatzung der Stadt, aber die ist maximal versteckt. Keiner kennt sie und niemand nutzt sie. Es gibt keine Hinweise und keine Anleitung. Das war wohl beabsichtigt, denn die Stadtregierung und ihre Koa mögen bekanntlich keine Transparenz. Im Stadtmarketing, das bei uns ja sehr üppig betrieben wird, und auch in den Pressemitteilungen der Stadt kam diese Art der Demokratieförderung geflissentlich nicht vor. Die Satzung ist so gut versteckt, dass sie sogar dem Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unbekannt war, der nun wirklich darüber Bescheid wissen sollte! Das ist maximal peinlich für die Stadt! (Siehe hierzu die Antwort des Beauftragten auf die Frage eines Bürgers.)

  • ein Änderungsantrag für eine bessere Satzung: wurde natürlich abgelehnt
  • eine Anfrage, warum die Satzung nicht veröffentlicht wurde und damit nicht in Kraft tritt: Dies bewirkte die Veröffentlichung, wenn auch nur versteckt und benutzerunfreundlich

In anderen Kommunen ist das anders, die haben Online-Formulare, in denen man seine Fragen eingeben kann. Man hat nämlich ein Recht auf eine Antwort. Mit unserem Antrag wollten wir eine solche Benutzerfreundlichkeit auch für Offenbach erreichen.

Wir waren schon gespannt, wer von der Koa wie mit welchen Argumenten wie herumeiern würde, um unseren Antrag abzulehnen.

Aber ….

…… POTZBLITZ!

Herr OB Schwenke trat vor und verkündete, dass der Antrag bereits heute, kurz vor der Sitzung, umgesetzt worden sei! Seit Donnerstag, dem 1. Februar, hat jetzt auch Offenbach ein Informationsfreiheitsportal. Das nennen wir aber mal vorauseilenden Gehorsam! Liebe Leute, nutzt diese Seite! Ihr könnt dort alles fragen, was Euch bewegt!

Das war die schnellste Beschlussumsetzung, die wir bisher in den knapp drei Jahren unserer Amtszeit erlebt haben. Vermutlich wäre es einfach zu peinlich gewesen, weiterhin im Vergleich zu anderen Kommunen so rückständig zu bleiben. Herr Schwenke meinte, wie hätten doch einfach weniger transparent und mit weniger Aufsehen einen dezenten Hinweis schicken sollen, dann hätte man das Portal auch so eingerichtet. Hm, das sollen wir glauben?

Wir glauben eher, dass innerhalb der Verwaltung schon längst ein benutzerfreundliches Formular für Bürgeranfragen vorgeschlagen worden ist, z.B. von der Stabsstelle Digitalisierung. Gerüchteweise haben wir gehört, dass die Leute der Stabsstelle (mit denen wir ja nicht reden dürfen) mehr Transparenz eigentlich gut finden und sehr fit sein sollen. Das glauben wir jetzt eher mal. Dann ist es aber kaum vorstellbar, dass sie nicht intern schon längst einen solchen Vorschlag gemacht haben. Aber leider sind sie nicht die Chefs, sonst wäre wahrscheinlich der Ofa-Antrag nicht nötig gewesen.

Das ist also ein neuer Trick, Ofa-Anträge abzulehnen: Einfach ganz schnell vorher umsetzen! So wünschen wir uns das! Da macht es uns nichts aus, dass die werten Kolleginnen und Kollegen der Koa ihre Kärtchen gegen unseren Antrag hochgehalten haben.

Und hier ist Annettes Rede in der Sitzung:

In unserer Stadt sieht man ja überall das Marketing, dass Offenbach eine „offene Stadt“ sei. Ja, das hört sich toll an, aber was heißt „offen“?

Es heißt ja auch, dass es Bürgerbeteiligung gebe, und dass wir gemeinsam die Demokratie stärken und überhaupt das Vertrauen in die Demokratie erst mal wieder herstellen müssen. Die geringe Wahlbeteiligung bei der OB-Wahl spricht ja leider Bände!

Aber wie geht das mit dem Vertrauen in die Demokratie? Wenn die Leute zweifeln, ob an den vollmundigen Behauptungen auch etwas dran ist? Wenn z.B. jemand wissen will, was die Stadt mit einer Baustelle auf dem Nachbargrund vorhat, sich durch die Ämter telefoniert und überall nur abgewimmelt wird?

Dafür ist auch die Informationsfreiheitssatzung da, die ja in diesem Haus vor 2,5 Jahren beschlossen worden ist.

Wie wir wissen, sind Informationsfreiheit und Transparenz bei der Koa leider nicht sehr beliebt. Und daher ist diese Satzung maximal versteckt worden, damit man bloß nicht wirklich mit Bürgeranfragen belästigt wird. Die Veröffentlichung wurde maximal herausgezögert, es gab keine Pressemitteilung, es gibt keinen Hinweis auf der Startseite des Webauftritts der Stadt und vor allem:

Es gibt keine Erläuterungen, wie man vorgehen kann, wenn man eine Frage hat.

Fast keiner weiß überhaupt, dass es diese Satzung gibt. Das weiß nicht mal der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, der es nun wirklich wissen sollte! Das kam raus, als ein Bürger doch mal eine Frage zu Offenbach stellen wollte, und zwar mit Hilfe der NGO „Frag den Staat“. Der Hessische Beauftragte antwortete dort, dass Offenbach keine solche Satzung habe. Das ist nun wirklich maximal peinlich, zumal doch immer lautstark gejubelt wird, wie „offen“ und wie „smart“ Offenbach sei, und dass man uns bald um unsere „Smart City“ beneiden würde.

In vielen anderen hessischen Kommunen ist das ganz anders, dort gibt es benutzerfreundliche Portale, in denen Bürger und Bürgerinnen ihre Fragen stellen können, u.a. in Frankfurt, Darmstadt, im Kreis OF oder in Wiesbaden.

Und so etwas beantragen wir für Offenbach jetzt auch.

Für unseren Antrag gestimmt haben neben uns die Linken und die Freien Wähler, dagegen waren SPD, Grüne, FDP, CDU und AFD.

Höhere Essensgebühren in Kitas (Video ab 4:41:17)

In diesem Magistratsantrag ging es um die Erhöhung der Essensgebühren um 20% in Kitas und bei Tagesmüttern. Es war 6 Jahre lang nicht erhöht worden. Im Ausschuss USV hatte sich der Elternbeirat bitterlich beschwert, dass die Eltern nicht vorher informiert und kalt erwischt worden sind. Das Essen sei außerdem zu schlecht, die Kinder würden es nicht mögen. Auf den Rechnungen stand bereits der neue Betrag, obwohl der Beschluss noch gar nicht gefasst worden war. (Siehe zum Thema „Durchregieren“ weiter oben. Unser Abnicken ist ja nur Formalkram). Die mangelnde Kommunikation ist typisch und wir kennen sie ja auch schon zur Genüge.

Kindern muss das Essen schmecken.

Die Begründung für den Antrag war, dass Gebühren Kosten decken müssen, und für die Kostendeckung sei nun mal eine Anhebung der Gebühren nötig. Und weil es sechs Jahre lang keine Erhöhung gegeben hat, müsse es jetzt so viel auf einmal sein.

Dann sind aber die Gebühren in den letzten Jahren ebenfalls nicht deckend gewesen, und es ging doch, das ist ein Widerspruch.

Helge hat deshalb gegen den Antrag gestimmt, außer ihm auch die Freien Wähler und die AFD.

Wir anderen haben zwar dafür gestimmt, weil wir die Gebührensatzung für zwingend halten. Aber grundsätzlich nehmen wir die Beschwerde, dass die Qualität des Essens in Kitas zu schlecht sei, sehr ernst. Kinder sind in der Wachstumsphase und brauchen eine gesunde Ernährung für ihre Zukunft. Es kann nicht sein, dass am Essen für die Kinder gespart wird. In Finnland ist die Schulbildung einschließlich aller Materialien und Essen für alle Kinder bis zur 9. Klasse kostenlos.

Tagesmütter kochen das Essen selber und lassen es nicht von überregionalen Firmen anliefern. Daher können sie frische Zutaten verwenden und hochwertigeres Essen anbieten. Trotzdem sollen sie an die gleichen Gebühren halten. Theoretisch hätten sie aber das Recht, Gebühren nach der Qualtität ihres Essens zu verlangen.

Das Problem ist also der mangelnde Zuschuss zum Mittagessen. Wir überlegen, wie dafür im nächsten Haushalt ein höheres Budget festgelegt werden könnte.

Recycling von Wahlplakaten (Video ab 6:06:13)

Dieser Antrag kam von uns. Einige von uns haben ja schon oft Wahlkämpfe organisiert. Dabei fanden wir die Materialflut immer schrecklich. Daher haben wir auch früher schon recherchiert, ob es vielleicht Unternehmen gibt, die Wahlplakate recyceln. Leider fanden wir nur ungünstige, zu teure und zu umständliche Angebote, das wäre damals nicht gut machbar gewesen.

Wir waren auch dafür, die Zahl der Plakatstandorte zu begrenzen.

Das war jetzt anders, deshalb haben wir schon zu Jahresbeginn die anderen Parteien eingeladen, diesen Antrag mitzutragen. Wir dachten, das wäre eine unpolitische Sache. Die CDU und die Freien Wähler sind darauf eingegangen. Die anderen haben entweder gar nicht geantwortet oder darauf verwiesen, dass man schon früher gegen diesen Vorschlag war. Wir hatten den Eindruck, dass sie unseren Entwurf gar nicht gelesen hatten.

Im Ausschuss (HFDB) trat die ESO auf und rechnete vor, wieviel Heizwert man doch gewinnen würde, wenn man die Plakate verbrennen würde. Allerdings steht im Kreislaufwirtschaftsgesetz, dass Recycling dem Verbrennen vorgezogen werden muss. Die ESO machte dann den Vorschlag, dass man das Recycling ja mal bei der EU-Wahl ausprobieren könnte. Daraufhin haben wir einen Änderungsantrag geschrieben, der diesen Vorschlag aufgreift.

Und hier ist Annettes Rede zum Antrag und zum Änderungsantrag:

Ich habe schon viele Wahlkämpfe in Offenbach organisiert. Und jedesmal war ich bestürzt über die massive Materialschlacht und die Verschwendung von Ressourcen. Ich habe auch schon früher recherchiert, ob man die Plakate nicht recyceln kann. Denn sie bestehen aus dem hochwertigen und sehr reinen Kunststoff Polypropylen, der für neue Plakate recycelt werden kann. Es gab zwar Firmen, die das machten, aber die Bedingungen waren zu ungünstig: teuer und umständlich.

Das scheint jetzt anders zu sein: nun gibt es Firmen, die nur einfach zu erfüllende Vorgaben zur Verpackung der Plakate auf Paletten machen. Sie holen sie dann kostenlos ab. Für die EU-Wahl würde vermutlich ein einziger LKW-Transport ausreichen.

Daher ist nun die Gelegenheit für die Stadt und für die Parteien, die Wahlkämpfe etwas nachhaltiger zu gestalten.

Wir haben nach Rückmeldungen im HFDB zu unserem Antrag noch mal einen Änderungsantrag geschrieben. Wir beantragen jetzt erst mal, das Verfahren bei der EU-Wahl auszuprobieren und uns darüber zu berichten.

Das würde ungefähr so laufen: Im Wertstoffhof würde nach der EU-Wahl ein Container für Wahlplakate aufgestellt. Aufkleber und Kabelbinder müssten von den Parteien vorher entfernt werden. Diese würden vom Wertstoffhof dann auf Paletten gestapelt und verpackt und zu einem verabredeten Zeitpunkt von der Recycling-Firma kostenlos abgeholt. Dieses Verfahren lohnt sich nicht für die kleineren Mengen einzelner Parteien, aber für alle Parteien in Offenbach kommen genügende Mengen zusammen, und es rechnet sich dann auch für die Firma.

Im Ausschuss wurde eingewandt, dass Polypropylen-Plakate einen hohen Heizwert haben. Das ist richtig, aber es geht nicht um genügend Material für Heizkraftwerke, sondern um eine globale Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Das spiegelt sich auch in der Gesetzeslage wider:

In einer EU-Verordnung wurde schon 2008 eine fünfstufige Abfall-Hierarchie festgelegt. Sie gibt vor in welcher Reihenfolge mit Abfällen umgegangen werden muss. Die fünf Stufen sind:

1. Vermeidung von Abfall
2. Vorbereitung zur Wiederverwendung
3. Recycling
4. Energetische Verwendung, also Verbrennen
5. Beseitigen

Seit 2016, übrigens erst nach einem Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland, ist diese Regelung auch im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Vorher gab es noch die sogenannte „Heizwertklausel“, die ein Zugeständnis an die Abfallverbrennungslobby war und zur massenhaften Verbrennung recyclingfähiger Abfälle geführt hat. Das ist seit 8 Jahren anders. Wenn man die Plakate trotzdem verbrennen statt recyceln würde, würde man gesetzeswidrig handeln.

Dem Änderungsantrag haben wir, die CDU und die Freien Wähler sowie ein einzelner Linker zugestimmt. Dagegen waren SPD, Grüne, FDP und AFD.

Später hörten wir gerüchteweise, dass sich in der Koa einige daran gestört haben sollen, dass sie die Plakate im Wertstoffhof ohne Kabelbinder anliefern sollen, das sei zu viel Arbeit!

Einige in der Koa hielten uns auch vor, dass die Zeit für eine Entscheidung zu kurz gewesen sei, man hätte für den Änderungsantrag noch mal eine Koa-Sitzung gebraucht. „So funktioniert Demokratie“, belehrte man uns. Nein! So funktioniert die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung! Wie Demokratie funktionieren soll, steht im Grundgesetz: Entscheidungen sollen wir nur nach bestem Wissen und Gewissen fällen.

Nun werden wir nach der EU-Wahl beobachten, ob die ESO das Experiment auch so durchführt und die Plakate recycelt, was sie ja nach dem Gesetz tun müsste.