19.10.2023



Hurra, haben wir gedacht, als wir die Einladung zur 25. Sitzung erhielten, denn die Tagesordnung war ziemlich kurz und wir hatten dieses Mal keine neuen Anträge gestellt (Tagesordnung, Livestream, Liveticker). Obendrein wurden einige zurückgezogen, und viele kamen auf Tagesordnung II, das heißt, über sie wurde nicht debattiert, sondern nur abgestimmt. Das waren die TOPs 10, 14, 15, 17, 21, 22, 23 und 24.

Die Ofa-Fraktion in der Feierpause vor der Stadthalle

Und wir hatten auch keine neuen Anträge auf der TO, darüber hinaus haben wir den von der letzten Sitzung verschobenen Antrag zur Wasserqualität im Hafen ganz zurückgezogen. Warum, erfahrt Ihr weiter unten. Wir würden also schnell fertig werden. Dachten wir! Aber es kam anders, die Sitzung dauerte doch viel länger als gedacht, war aber ziemlich langweilig. Auch dieser Bericht ist ein wenig langweiliger geworden als sonst.

Voriges Jahr war das Geld zu knapp für Sekt, dieses Jahr nicht. Ob das ein Ausblick auf den Haushalt 2024 ist?

Verleihung des Ferdinand Kallab-Preises

Vor der Sitzung wurde der Ferdinand Kallab-Preis 2023 an das Team des Projekts „Ehrenamtliche Lebensmittelausgabe der Pfarrgemeinde St. Marien“ vergeben. Wir finden, das Team hat den Preis für seine großartige Arbeit mehr als verdient und wir gratulieren ganz herzlich! Wir hoffen, dass dieser Preis Mut macht.

Unabhängig davon finden wir es allerdings bestürzend, dass es in einem reichen Land wie Deutschland nötig ist, Leute zur Tafel zu schicken und sich auf die Arbeit von Ehrenamtlichen zu verlassen, weil die staatliche Hilfe nicht ausreicht.

Im Anschluss wurde gefeiert, es gab für jeden und jede ein Glas Sekt. Das hat viele erfreut, uns auch. So hob sich die Stimmung, bis schließlich gegen 18 Uhr alle wieder am Platz waren und die Sitzung beginnen konnte. Das war die erste Verzögerung.



Haushalt 2024

Der Haushaltsentwurf 2024, ein Schinken von über 800 Seiten wie jedes Jahr

Als nächstes stellte Stadtkämmerer Martin Wilhelm wieder den Haushalt vor. Wir kennen das ja schon aus den letzten beiden Jahren. Wir werden dann bis zur nächsten Sitzung im November, der sogenannten „Haushaltssitzung“, Zeit haben, den Haushalt (wie immer über 800 Seiten mit Tabellen) zu studieren und eventuell Änderungsanträge zu stellen.

Vor zwei Jahren hatten wir beantragt, auch eine visualisierte Form des Haushalts zu bekommen, nach dem Vorbild vieler anderer Kommunen, u.a. Frankfurt. Da natürlich die Koa keinen Antrag von uns einfach so annehmen konnte, hatte sie damals einen Änderungsantrag gestellt, mit kleinen Änderungen, dem wir auch zugestimmt haben. Wir hatten ja schon voriges Jahr gehofft, dass auch etwas passieren würde, leider Fehlanzeige. Es soll nun aber ein Anbieter gefunden sein, der besser sei als der von Frankfurt Beauftragte. Das wurde vor ein paar Monaten in einem Ausschuss erwähnt. Nun hoffen wir dringend, dass es für den aktuellen Haushalt eine Visualisierung geben würde. Zumindest hat Herr Wilhelm in seiner Rede eine „Überraschung“ angedeutet: Wir würden den Haushalt nicht nur als PDF, sondern auch im Excel-Format und in einem dritten Format bekommen. Wir hoffen, dass das dann ein offenes Format ist. Darauf sind wir jetzt gespannt. Auch sind wir gespannt, ob der Beschluss von 2021 umgesetzt wird. Denn beschlossen wurde, dass der Magistrat prüft und berichtet. Einen Bericht haben wir aber noch nicht gesehen.

Nun aber zu der Haushaltsrede, die knapp 40 Minuten gedauert hat. Sie war so ähnlich, wie die vom Vorjahr.

Aber:

Und der Ausblick:

Wir behaupten nicht, dass die Kämmerei einfach wäre. Das Geld ist zu knapp, von Bund und Land kommt zuwenig Ausgleich, obwohl von dort Gesetze kommen, die unseren Stadtsäckel weiter leeren. Darüber sind wir uns wahrscheinlich alle in Offenbach einig. Wir erkennen auch die Bemühungen an, an dieser Situation etwas zu ändern. Es ist eine andere Frage, welche Prioritäten man beim Einteilen des knappen Geldes setzt. Da würden wir einiges anders machen. Wir würden an externen Agenturen sparen, nicht jedoch am ÖPNV. Dazu mehr in den kommenden Jahren.


Bademöglichkeit im Hafenbecken: machen wir doch schon längst!

Diesen Antrag hatten wir schon letztes Mal gestellt, aber auf Bitten der Grünen auf diese Sitzung verschoben, „weil schon etwas läuft“. Was genau, war ein Geheimnis. Es wurde gelüftet in der Sitzung des USV am 12.10.23: Das Gesundheitsamt und die OPG (Offenbacher Projektgesellschaft) waren erschienen und berichteten über Messungen, Pläne und Vorbereitungen, mit dem Ziel, im Hafen eine Badestelle zu schaffen. Beide betonten, dass es sich nur um Zwischenberichte handele, und dass nicht garantiert werden könne, ob eine Badestelle wirklich verwirklicht werden kann.

Soviel hier schon mal: Messungen der Wasserqualität finden schon seit einigen Jahren statt. Sie sind vielversprechend, denn meistens liegen die Messwerte unter den Grenzwerten, die man als gesundheitsschädlich bezeichnen kann. Der größte Teil des Mainwassers stammt aus Zuflüssen. Diese werden größtenteils aus Kläranlagen gespeist. Die Kläranlagen haben drei Klärstufen: mechanisch, chemisch und biologisch. Sie reichen aber nicht aus, alle Keime abzutöten, deshalb gibt es immer noch einen Anteil von Kolibakterien und anderen Erregern. Hierfür bräuchte man eine vierte Reinigungsstufe, die aber sehr teuer wäre. Offenbach-Stadt hat darauf keinen Einfluss. Trotzdem ist die Zahl der Keime unter den Grenzwerten. Eine Ausnahme sind Starkregenereignisse, denn dann können die Kläranlagen die Menge des Wassers nicht bewältigen und einiges wird an den Klärstufen vorbeigeleitet. Das Gesundheitsamt würde die Wasserqualität einer Badestelle regelmäßig ermitteln und gegebenenfalls Warnungen aussprechen.

Die OPG hat schon sehr vielversprechende Pläne zur Lage und zu baulichen Maßnahmen entwickelt. Der Schwimmbereich entspricht in der Größe etwa einem gängigen Hallenbad. Gerne würden wir die Zeichnungen hier schon mal veröffentlichen, aber dafür wir haben nicht die Rechte.

Einerseits ist dies alles sehr wunderbar! Es ist schon mehr passiert, als wir beantragen wollten. Daher machte unser Antrag keinen Sinn mehr, und wir haben ihn zurückgezogen. Wir hätten ihn gar nicht gestellt, wenn zu diesen Aktivitäten schon etwas bekannt gewesen wäre.

Kann man in diesem Wasser baden?

Andererseits hätten wir uns zu diesen Vorgängen schon viel früher Transparenz gewünscht. Natürlich haben wir in der Vorbereitung des Antrags erst mal das PIO und die Seite der Stadt durchsucht, um herauszufinden, was bisher schon passiert ist. Aber nirgends steht auch nur ein Sterbenswörtchen. Trotzdem hielten uns die anderen Fraktionen in der Ausschusssitzung vor, dass über das Thema schon gesprochen worden sei. Also, in der vorigen Legislatur, als wir noch nicht dabei waren. Umso schlimmer, dass nichts davon im PIO aufzufinden ist. Das liegt an der Aversion vieler Fraktionen gegen Transparenz. Und nein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koa, wir stellen nicht erst eine Anfrage, ob vielleicht doch etwas im Busch ist, weil wir nichts finden. Und warten dann auch nicht monatelang auf eine Antwort, die vermutlich dürr und unzureichend ist.

Die Messdaten zur Wasserqualität sind übrigens öffentliche Daten, die weder dem Datenschutz noch irgendwelchen Urheberrechten unterliegen. Ihre Erhebung ist mit Steuergeldern finanziert und sie sind von öffentlichem Interesse, gehören also der Öffentlichkeit. Da erinnern wir doch noch mal an unseren Antrag zu Open Data vom Juni 2022, den die Koa sowie die Linken und die AFD abgelehnt haben. Offenbach ist noch nicht so weit, im Gegensatz z.B. zur Bundesregierung. Die Aufgabe der gewählten Vertreter ist, die Arbeit der Verwaltung zu kontrollieren und politische Leitlinien vorzugeben. Wie soll das möglich sein, wenn diese unter äußerster Geheimhaltung arbeitet, damit die Stadtverordneten oder gar die Bürger möglichst nichts erfahren? Wenn wir nicht diesen Antrag gestellt hätten, wüsste bis heute niemand etwas von diesen Aktivitäten.

Wir hoffen, dass jetzt zumindest die interessanten Präsentationen aus der USV-Sitzung veröffentlicht werden.

Wahl des Naturschutzbeirats

In dieser Sitzung fand auch eine Wahl statt, nämlich zum Naturschutzbeirat. Auch dieser TOP war letztes Mal verschoben worden, weil unklar war, ob wirklich keine Stadtverordneten gewählt werden durften. In der Zwischenzeit hat sich geklärt, dass die auch gewählt werden können, aber nur, wenn sie auch sachkundig sind. Wir haben Günther Eufinger als Mitglied und Barbara Bernard als Vertreterin vorgeschlagen. Sie sind gewählt worden und müssen jetzt noch vom Magistrat ernannt werden. Gewählt wurden außerdem je ein Mitglied und eine Vertretung, die von der CDU, der SPD, den Grünen, den FW und der FDP vorgeschlagen worden sind.

Günther Eufinger ist Bürger in Offenbachs Herzen seit 2003, von Beruf Berater und Projektmanager, er ist seit vielen Jahren an Umwelt und sozialen Themen der Stadt interessiert und aktiv engagiert. So zum Beispiel bei der Rettung des Schulhofes der Beethovenschule oder jüngst als einer der Sprecher von Stadtfiber. Er ist langjähriges Mitglied im BUND.

Barbara Bernard hat einen Abschluss im physischer Geographie (Diplom). Sie hat als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Umwelt- und Naturschutz für verschiedene Institutionen gearbeitet (u.a. Sachverständigenrat für Umweltfragen, Hochschule Geisenheim) und befasst sich mittlerweile für das Landesamt für Denkmalpflege Hessen mit historischen Kulturlandschaften. Sie wohnt in Offenbach.

Wir wünschen dem neuen Naturschutzbeirat viel Erfolg und hoffen, dass er helfen wird, Maßnahmen in Offenbach zu beschleunigen.

Die Wahl der Vertreter musste wegen eines formalen Fehlers noch mal wiederholt werden, so dass dieser Tagesordnungspunkt wieder sehr viel Zeit gekostet hatte.

Leerstandsmanagement: ätsch, das machen wir doch schon längst!

Über diesen Antrag der CDU haben wir uns gefreut. Denn er zeigt in die Richtung von mehr Bürgerbeteiligung. Bei unseren vielen Wahlkampfständen im OB-Wahlkampf haben wir gemerkt, dass es viele resignierte Leute gibt, die das Gefühl haben, keinerlei Einfluss auf die politischen Entwicklungen zuhaben. Der krasseste Spruch, den wir gehört hatten, war: „Ich habe die Wahlbenachrichtigung gleich in den Papierkorb geschmissen, was soll ich mit dem Scheiß?“

Dieser Antrag wurde von der Koa abgebügelt, mit dem Hinweis, dass so etwas schon längst in Arbeit sei. Da hatten wir ein Deja-Vu! Kommentar der CDU: „Wir brauchen das und deshalb beschließen wir das heute nicht.“ Hier ein paar Anträge, mit denen wir so was auch schon erlebt haben:



Ideen und Beschwerdemanagement

Die CDU möchte auf der Webseite der Stadt eine zentrale Anlaufstelle, auf der Bürgerinnen und Bürger Ideen und Beschwerden einbringen können. Außerdem soll den Stadtverordneten halbjährlich in anonymisierter Form über die eingegangenen Meldungen berichtet werden.

Wir begrüßen diesen Antrag, denn er geht in die gleiche Richtung wie unser Antrag vom 22. Juni 2022: Ideenplattform für Offenbach. Wir wollten damals allerdings noch mehr, nämlich so ein Portal wie in Frankfurt, wo die Leute nicht nur Ideen einreichen können, sondern auch 8 Wochen Zeit haben, genügend Unterstützerunterschriften dafür zu sammeln. Wenn sie damit erfolgreich sind, wird ihre Idee in der Stadtverordnetenversammlung verhandelt. Davon kann Offenbach nur träumen. Leider haben voriges Jahr nur die Linken mit uns gestimmt, alle anderen waren dagegen, leider auch die CDU. Die Ablehnung hat uns damals zwar nicht überrascht, aber geärgert hatte uns doch, dass niemand sich die Mühe gemacht hatte, auch nur über unseren Antrag zu diskutieren. Der jetzige CDU-Antrag hätte damals gut als Änderungsantrag gepasst.

Immerhin hat die SPD dieses Mal diskutiert. Tenor: Wir sind doch schon gut genug, wir haben doch das Mitreden-Portal, den Mängelmelder und ab und zu Bürgerbeteiligung zu ausgewählten Projekten, was zur Zeit Open Smart City ist. (Letzteres hatten wir ja schon vor langer Zeit angemahnt.) Das Mitreden-Portal ist allerdings gar kein eigenes Projekt oder gar Ideenportal, sondern nur eine Seite, auf der man die Links zum Mängelmelder und zu einigen Bürgerbeteiligungen findet, die gerade laufen. Also, zur Zeit nur zu einer einzigen Bürgerbeteiligung! Die anderen Verfahren sind alle schon abgelaufen. Mehr findet man dort nicht! Aber wenn man so tut, als ob diese kleine Linksammlung auch ein Projekt sei, hört es sich besser an. Auch der Mängelmelder ist nur auf vorgegebene Kategorien von Mängeln beschränkt. Es gab ja mal den Antrag (der CDU), dort auch „Angsträume“ melden zu können, der wurde allerdings abgelehnt. Zu viel Arbeit!

Ein weiteres Argument der SPD: Man könne sich doch einfach mal mit einem Infostand in die Stadt stellen. Damit würde man den Bürgern und Bürgerinnen zeigen, dass man mitmachen könnte (Applaus von der SPD!) Das haben wir in diesem Jahr Samstag für Samstag gemacht, so wie einige andere Parteien auch. Wir haben dort viele Ideen und Klagen gehört, und wir haben uns ja wählen lassen, um daran zu arbeiten. Leider sind wir Opposition, und daher machtlos. (Wir sehen hier ein strukturelles Problem unserer Demokratie, siehe unseren Beitrag Was wird aus unserer Demokratie?) Warum die SPD sich einbildet, dass Wahlwerbungsstände der Parteien gleichbedeutend mit Bürgerbeteiligung seien, ist uns schleierhaft. Die Leute wollen sich ja nicht nur im Gespräch auskotzen, sie wollen dazu beitragen, etwas zu verändern. Die Koa-Kolleginnen und Kollegen dürfen ja nicht mal nach Wissen und Gewissen abstimmen.

Kurz, wenn man die Portale von Frankfurt und Offenbach vergleicht, muss man weinen. Die Provinz Offenbach ist im Vergleich doch wirklich ärmlich und schäbig und bestätigt alle folkloristischen Vorurteile. Aber es zeigt auch: Diese Koalition hier will nur so wenig Bürgerbeteiligung wir irgend möglich. #Demokratiesimulation!

Ach ja, natürlich wurde der Antrag abgelehnt. Dafür gestimmt haben die CDU und wir, alle anderen waren dagegen, auch die Linken.

Grundstückserwerb

Der Magistratsantrag zum Grundstückserwerb Friedensstraße 146 ist einerseits sinnvoll, weil man das Grundstück zur Erweiterung der Lindenfeldschule verwenden könnte. Andererseits wurde bemängelt, dass der Kaufpreis zu hoch sei und über dem Bodenrichtwert liege. Es gibt ein Gutachten, das aber nicht eingesehen werden durfte. Da hatten wir schon wieder ein Deja-Vu!

Antidiskriminierungsstelle

Dieser Antrag ist ein Konsensantrag, dachten wir. Denn bisher gab es nur einen ehrenamtlichen Antidiskriminierungsbeauftragten, an den man sich wenden konnte, wenn man sich diskriminiert gefühlt hat. Seine Arbeit bestand darin, dem nachzugehen und zu vermitteln. Leider war diese wichtige Arbeit recht unbekannt. Es ist daher höchste Zeit für eine hauptamtlich besetze Stelle. Diese soll mit diesem Antrag geschaffen werden.

Aber es gab Krawall: Ein Redner der AFD verstieg sich in seiner Beschimpfung einer Koa-Rednerin zu dem Ausruf. „Man müsste Sie dann auch zum Schweigen bringen“. Dies ist ein totalitärer Spruch, den man in einer Demokratie nicht hören dürfte, aber es ist auch ein Zeichen der Zeit, in der sich Rechtsradikalität immer unverschämter zeigt. Die Reaktion waren Tumult und Empörung. Die Sitzung wurde unterbrochen und der Ältestenrat tagte. Alle Fraktionen sind jetzt aufgefordert, in Zukunft auf ihre Sprache zu achten. Wir finden, sie sollten auch auf ihre Einstellung zur Demokratie achten. Eine solch menschenverachtende Sprache ist ja die Folge von demokratie-feindlichen Einstellungen.

So gab es eine weitere Zeiverzögerung.

Trotz der vielen Zeitverzögerungen war die Sitzung schon kurz nach halb 11 zu Ende und alle gingen nach Haus.