11.05.2023

Helge Herget, Nilay Yilmaz, Julia Endres und Dr. Annette Schaper-Herget

Stream, Liveticker, neue Tagesordnung und mehr

Nach langer Zeit fand mal wieder eine Sitzung (Tagesordnung) statt, und hier kommt der Ofa-Bericht darüber. Es gab auch wieder sowohl einen Live-Stream und – große Freude – als auch wieder einen Liveticker der Stadt! Vielen Dank! Ihr könnt also alles, was wir hier schreiben, überprüfen. Ihr könnt auch überprüfen, ob es stimmt, was so in der Zeitung steht. Leider wird der Stream nicht dauerhaft gespeichert, also ladet ihn Euch für die spätere Verwendung lieber gleich runter. Schade ist auch, dass im Stream bei unseren Redebeiträgen „ohne Fraktion“ steht. Das war ein Fehler, und uns wurde versprochen, dass das beim nächsten Mal richtig gemacht würde. Für spätere historische Forschung sind die Videos interessantes Material. Wir empfehlen, die Livestreams im Stadtarchiv oder im Haus der Stadtgeschichte aufzubewahren.

Es war mal wieder viel los, und was uns betrifft, kann man sagen, dass anscheinend einige Fraktionen immer saurer auf uns werden. Schon in einem Ausschuss wurde genörgelt, wie lästig es ist, dass wir nun wieder eine Fraktion sind. Wir freuen uns sehr über unser neues Mitglied Nilay Yilmaz, die schon seit längerer Zeit parteilos ist.

Die Tagesordnung wurde auf Antrag der Koa-Fraktionen geändert: Zwei Punkte (TOPs 6 und 17) wurden nach hinten geschoben, bis Herr OB Dr. Schwenke eingetroffen war, denn er wünschte, dass diese Punkte in seiner Anwesenheit verhandelt würden. Mit seiner Koa-Mehrheit war das natürlich kein Problem. Er kam dann recht spät, das meiste hatte er verpasst. Aber die Repräsentation bei der Amtseinführung seines Frankfurter Kollegen war ihm wichtiger als die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung.

Hier also unsere Highlights:

Ein historisches Ereignis: Der Ausländerbeirat stellt seinen ersten Antrag (Video 0:55:58)

Seit etwas mehr als zwei Jahren hat der Ausländerbeirat das Recht, Anträge an die Stadtverordnetenversammlung zu stellen. Dies hat er jetzt zum ersten Mal getan, mit dem Antrag „Neubürgerinnen und Neubürgern das Einleben erleichtern mit Informationsbroschüren in ihren Sprachen“. Offenbach ist damit Vorreiter in Hessen, und wir können stolz auf unseren Ausländerbeirat sein.

Ofas Vertreterinnen im Ausländerbeirat

Der Antrag ist vorher im Ausländerbeirat intensiv diskutiert worden. Zum Schluss waren alle froh und glücklich und beglückwünschten sich zur Wahrnehmung ihrer neuen Rechte. Diese gruppierungsübergreifende Einigkeit im ALB ist auch für die weitere Arbeit sehr motivierend. Wir von Ofa freuen uns ebenfalls sehr und gratulieren ganz herzlich! Helge und Annette nehmen regelmäßig an den Sitzungen als Gäste teil und werden das auch weiterhin tun. Eigentlich sind wir dafür, dass alle Offenbacherinnen und Offenbacher das kommunale Wahlrecht erhalten, aber leider haben wir darauf keinen Einfluss. So ist dieser Antrag nicht nur in der Sache wichtig, sondern auch ein demokratischer Meilenstein, und er hilft bei der weiteren Integrationsarbeit in Offenbach.

Worum geht es in dem Antrag? Alle Neuankömmlinge in unserer Stadt erhalten zur Begrüßung eine Broschüre, in der viele wichige Informationen und Kontakte enthalten sind. Damit sollen sie sich schneller zurecht finden. Leider gibt es diese Broschüre bisher nur auf Deutsch und nicht in den anderen Sprachen der Neuankömmlinge. Der Antrag soll dies ändern und die Herausgabe von Broschüren in den häufigsten Sprachen beschließen. Für den Anfang hat der ALB mit Hilfe des Amts für Statistik ermittelt, welche Sprachen von den Neuankömmlingen am häufigsten gesprochen werden. Natürlich können in Zukunft weitere Sprachen hinzukommen.

In einer Ausschussitzung in der vorigen Woche vertrat ein hochrangiger Vertreter der Stadt die Ansicht, dass es solche Broschüren doch schon gebe. Nein, es gibt sie bisher nicht! Daran sieht man, wie selbstverständlich eine solche Willkommenskultur eigentlich sein sollte und leider auch, wie wenig sich manche Leute bis oben in die Stadtregierung dafür interessieren.

Der Antrag wurde vorgestellt vom Vorsitzenden des ALB, Herrn Abdelkader Rafoud. Annette hat danach eine Rede gehalten, die wir hier zusammenfassen (Video ab 1:01:09):

Zunächst beglückwünschte sie den Ausländerbeirat dafür, dass er seine demokratischen Rechte wahrgenommen hat und betonte, dass es sich um ein historisches Ereignis handele. Sie erwähnte auch die große Einigkeit und Freude im ALB! Sie erläuterte dann die Bedeutung für die Demokratie und das Miteinander in unserer Stadt. Damit werde das Ankommen und Einleben erleichtert.

Broschüren sollten gemeinsam mit den verschiedenen Vereinen erstellt werden, um auch sehr herkunfstspezifische Infos anbieten zu können. Ein Beispiel ist: Neubürger und Neubürgerinnen aus Polen wissen oft nicht, dass sie spätestens nach drei Monaten seit ihrer Ankunft ihr Auto ummelden müssen. Und so werden viele unnötige Knöllchen verteilt. Aber es geht auch um Übersetzungen, Ansprechpartner und Zugang zu Deutschunterricht.

Die Linken hatten einen Änderungsantrag gestellt, sie fordern, dass auch weitere Sprachen berücksichtigt werden, die nicht offizielle Amtssprachen sind. Im Antrag steht zwar nicht, dass nur Amtssprachen gefördert werden sollen, sondern dass „die Broschüren in den häufigsten Sprachen zuerst erstellt werden sollten“. Hierfür hatten wir uns die Informationen vom Amt für Statistik besorgt, welche Sprachen das sind, und daraus ist die Liste in der Begründung des Antrag entstanden.

Natürlich gibt es Sprachen, die keine Amtssprachen sind, z.B. mehrere kurdische Sprachen. Sollte sich herausstellen, dass eine Vielzahl der Neuankömmlinge eine dieser Sprachen spricht, so soll selbtverständlich in Zusammenarbeit, z.B. mit den Kurden und Kurdinnen in Offenbach eine entsprechende Broschüre erstellt werden.

Der Antrag des ALB wurde mit breiter Mehrheit angenommen, der Änderungsantrag abgelehnt.

der Tunnel unter der Bahn im Mathildenviertel, hinten am Ende ist es dunkel
Das fehlende Licht am Ende dieses Tunnels im Mathildenviertel wäre ein Anlass sowohl für das Heimwegtelefon als auch für den Mängelmelder.

Heimwegtelefon (Video ab 1:38:49)

Die Linken beantragten, dem Beispiel der Stadt Wiesbaden zu folgen und eine Kooperation mit dem Verein „Heimwegtelefon“ anzustreben. Dies soll zu einem höheren Sicherheitsgefühl von Frauen und Mädchen im öffentlichen Raum, insbesondere abends und nachts, beitragen.

Das Sicherheitsproblem in der Stadt ist in der Tat ein wichtiges Thema. Viele Leute, vor allem Frauen, aber auch Männer, haben Ängste, sich nachts in der Stadt aufzuhalten. Dieses Problem wird nach Ansicht vieler Leute nicht ernst genug genommen, viele trauen sich bei Dunkelheit nicht mehr aus dem Haus. Auch an unseren Infoständen in der Innenstadt in diesem Jahr sind wir immer wieder auf das Thema Sicherheit angesprochen worden.

Wir haben deshalb für den Antrag gestimmt, denn das Thema „Sicherheit für Frauen“ finden wir sehr wichtig. Es müsste noch weitere Maßnahmen geben, z.B. Streifenpolizisten oder auch den Abbau von Angsträumen in der Stadt.

Das Thema Angsträume haben die Linken allerdings in der Sitzung vom 15. September nicht ernst genommen. Einen Antrag der CDU, Angsträume in den Mängelmelder mit aufzunehmen, haben sie nicht nur abgelehnt, sondern gleich die Nazikeule ausgepackt: Es sei diskriminierend, vor Männeransammlungen Angst zu haben, solche Ängste seien lächerlich und das müsse man aushalten.

Wir freuen uns jetzt zwar über den 180-Grad-Meinungsumschwung der Linken, aber über die damalige Beschimpfung sind wir bis heute verblüfft und bestürzt.

Beitritt zu „Lebenswerte Städte und Gemeinden durch angepasste Geschwindigkeiten“ (Video ab 1:50:17)

Diesen Antrag haben wir wieder gestellt, weil wir ihn wichtig finden. Vor einem Jahr kam ein gleicher Antrag schon einmal von den Linken, wurde aber leider von der Koa abgelehnt. Wir fanden ihn gut und denken, er muss jetzt wieder aus der Versenkung geholt werden.

Verkehrsstau auf der Berliner Str.
Oft fährt man auf der Berliner Straße nicht mal 30 k/h. Die einzige Bundesstraße, die durch das Offenbacher Stadtgebiet führt, ist die B448.

Worum geht es? Städte und Gemeinden stehen vor großen verkehrspolitischen Aufgaben. Es geht darum, eine Verkehrswende einzuleiten. Dabei sind aber gesetzliche Grenzen durch den Bund gesetzt. So dürfen Kommunen nicht eigenständig eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h auf Hauptverkehrsstraßen festlegen. Daher haben sich viele Kommunen zur Inititative Lebenswerte Städte und Gemeinden zusammengeschlossen, die auf den Bund einwirken will, auf dass die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Kommen mehr Rechte zur Gestaltung ihrer Verkehrsregelungen bekommen, z.B. auch das Recht, auch auf Bundesstraßen eine andere Geschwindigkeitsbegrenzung einzuführen als 50 km/h. In einer Erklärung der Initiative heißt es u.a. „Wir bekennen uns zur Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende mit dem Ziel, die Lebensqualität in unseren Städten zu erhöhen.“ Inzwischen sind 736 Kommunen der Initiative beigetreten, erst kürzlich Heusenstamm mit großer Mehrheit auf Antrag der dortigen CDU-Fraktion.

Helge hat den Antrag vorgestellt (Video ab 1:50:32). Es passt zu dem, was die Koa auch gerade mit dem Radverkehr macht.

Dann ergriffen die Grünen das Wort und betonten, dass Helges Zahl der Mitglieder (608) falsch sei, denn inzwischen sei die Zahl ja schon wieder höher, nämlich 700. Ganz stolz war der Redner, dass er heute selbst recherchiert und das eigens festgestellt hat. Die Schlussfolgerung aus dieser Beobachtung, nämlich dass diese Inititative rasant immer mehr Unterstützer findet und also jetzt schon sehr erfolgreich ist, zog er aber nicht. Wir haben inzwischen, ein paar Tage später, noch mal geguckt, nun sind es schon 736 Städte und Gemeinden.

Der Redner betonte anschließend, dass die Grünen die Ziele der Initiative ganz wichtig fänden, insbesondere die Ziele „Nutzen, Freiheit und Lebensqualität“. Er erläuterte auch, dass die Koa keinem Antrag zustimmen kann, den ein Koa-Partner nicht mittragen kann. Ja, das haben wir auch schon beobachtet. Aber es wundert uns schon, welche Art Politik sich da immer durchsetzt und welche nicht, man denke z.B. an die Katzenschutzverordnung beim letzten Mal oder an unsere vielen Anträge zur Biodiversität und zum Klimaschutz, oder an die neuen Ampelphasen, die Fußgänger benachteiligen aber Autofahrer bevorzugen. Er lobte dann die Freiheit der Autofahrenden, die im Widerspruch zur Freiheit der Städte und Gemeinden stehe, selbst über eine andere Verkehrspolitik zu bestimmen. Allein die Option, dass Kommunen selbst entscheiden dürfen, gefährde die Freiheit der Autofahrer, indem sie die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie durch noch mehr Geschwindigkeitsbegrenzungen in ihrer Freiheit eingeschränkt werden könnten. Das ist natürlich eine bedrohliche Schreckensvorstellung für die freiheitsliebenden Bürger und Bürgerinnen! Die Freiheit der Fußgängerinnen oder Radfahrer kann die Koa da nicht auch noch mitdenken… Man würde aber „in der realen Welt keinen Schaden machen“, so der Grüne Redner. „Es habe sich ja auch in der Sache nichts geändert“. Wir denken, dass sich in „der Sache“ in Zukunft doch etwas ändern wird, denn wir sind zuversichtlich, dass die Städteinitiative Erfolg haben wird. Das werden dann die Offenbacher Grünen, FDP und SPD dann nicht verhindern können.

eine Hand, die einen A4-Zettel hochhält mit Text, der nicht entzifferbar ist. Im Hintergrund Kaffeetasse
Die FDP zeigt den Verkehrsentwicklungsplan, damit wir sehen, wieviele 30er Zonen es schon gibt (1:58:10)

Erzürnt warf uns der Redner vor, dass wir „inhaltliche Differenzen in der Koa“ aufwärmen würden. Aha? Da wir nicht an deren Koa-Sitzungen teilnehmen, haben wir keine Ahnung, was es so für inhaltliche Differenzen dort gibt. Wir sehen nur die Differenzen zwischen uns und den Koa-Fraktionen. Jedenfalls ist schon klar, warum die Grünen so sauer auf uns sind. Deren Nerven liegen offenbar blank, weil sie ihre grünen Themen in der Koa nicht durchsetzen können, und nun kommt frecherweise die Ofa und stellt dauernd „grüne“ Anträge. Tja, für den Machterhalt muss man Opfer bringen. Wir haben auch schon verstanden, warum uns Grüne Kolleginnen aufgefordert haben, doch nicht so viel zu arbeiten.

Dann ergriff die FDP das Wort, und es erschien uns so, als ob der Redner „inhaltliche Differenzen“ bestätigte. Die FDP hatte sich in der Koa anscheinend mit ihrer Auto-freundlichen Position durchgesetzt, was ja auch konsequent ist, wenn man sich ihre Politik in der Bundesregierung so anschaut. Zur Illustration zeigte der Redner den Verkehrsentwicklungsplan, auf dem alle 30er-Zonen sichtbar seien (Bild). Er erläuterte dann noch mal, dass durch mehr Freiheit für die Kommunen die Freiheit aus FDP-Sicht eingeschränkt würde. Warum? Ist es vielleicht der Verdacht, dass es dann zu noch mehr 30er Zonen kommen könnte, nach dem Motto „Wehret den Anfängen!“? Wir denken, dass die Freiheitsdiskussion eher passend für das Phänomen der Klimakleber wäre, nicht jedoch für nur etwas mehr Selbstbestimmung für die Kommunen.

Auch die Freien Wähler sprachen sich gegen den Antrag aus, weil er pauschal Geschwindigkeitsbegrenzungen von 30 km/h fordern würde. Da haben sie die Inititative aber missverstanden, denn das steht dort nicht. Es steht dort nur, dass die Kommunen das erlassen können, sie müssen es aber nicht (Strohmann). Die Linken berichteten dann noch, dass der OB bei einer OB-Vor-Ort-Veranstaltung davon sprach, dass er für Tempo 30 sei, mit allem, was dazu gehört. Da ist er ja nicht ganz auf Koa-Linie. Auffälligerweise hat sich die SPD ganz herausgehalten, dann steht man später nicht blöd da, wenn es anders kommt.

Taxistand vor dem Stadion an der Bieberer Straße (Video 2:33.21)

Fotomontage 5 Taxis stehen vor den Kickers
Fotomontage

Wir hatten kürzlich mit der Taxizentrale ein langes Gespräch über Verkehr in Offenbach. Dabei haben wir erfahren, dass es einen großen Bedarf für einen Taxistand auf der Bieberer Straße vor der Haupttribüne der Kickers gibt. Bisher dürfen dort keine Taxis halten. Auch fehlt ein Behindertenparkplatz vor Ort. Aber es gibt dort Besucher der Geschäfte, und Bedarf für Taxis. Es gibt viele Parkplätze, und einige davon könnten für Taxis reserviert werden. Und wenn die Kickers spielen… dann ist der Bedarf erst recht groß.

Zu diesen Zeiten werden die Parkplätze auf dem Streifen vor dem Ausgang vor der Haupttribüne ohnehin gesperrt. Man könnte den Parkstreifen dann insgesamt für Taxis nutzen, wobei der Platz für etwa 20 Taxis reichen würde.

Der Taxistand in der Nähe des Stadions

Wir haben also einen Antrag an die Stadtverordnetenversammlung gestellt.

Die Grünen waren dagegen. Sie führten zwei Begründungen an: Erstens gebe es keinen Bedarf, und der Beweis dafür sei, dass der grüne Redner dort immer freie Parkplätze sehe, wenn er vorbeikommt. Zweitens müsse an Spieltagen der Platz komplett für die Feuerwehr freigehalten werden. Die zweite Begründung akzeptieren wir, das ist dann Vorschrift, die erste nicht, denn freie Parkplätze sagen doch nichts aus über den Bedarf an Taxis. Die Taxizentrale hätte ja nicht behauptet, dass es Bedarf gebe, wenn das nicht stimmt. Was würde den Taxiunternehmen denn ein Stand bringen, an dem die Taxis blöd rumstehen und vergeblich auf Kunden warten? Helge verwies darauf, dass er das Thema demnächst in die Verkehrskommission einbringen würde.

Nach dem Kickersspiel am 19.05. stehen die Taxis doch da, nur ist das noch illegal.
Dieses Taxi steht am legalen Platz, nach dem Kickers-Spiel

Aufhebung des Beschlusses zur Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme „Bieber Waldhof West“ (Video 4:19:14)

Das Thema Bebauung in Bieber Waldhof West treibt uns schon lange um, z.B. in der 18. Sitzung vom Dezember oder in der 5. Sitzung vom Juli 2021. Wir haben jetzt den Antrag gestellt, den Beschluss vom 9. September 2021 aufzuheben. Dieser ist der erste Schritt einer sogenannten Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM). Dabei handelt es sich um ein kompliziertes Konstrukt aus rechtlichen Elementen und Verfahrensschritten. Auf der Seite der Stadt findet sich eine Erläuterung.

Annette hat unseren Antrag vorgestellt:

Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme die rechtlichen Hürden nehmen wird. Und dann hat man Prozesskosten für nichts und wieder nichts. Der Beschluss, der bisher gefasst worden ist, ist erst mal nur der Einleitungsbeschluss (in dem Schema nur der obere Kasten). Der hat dann viele weitere Maßnahmen zur Folge, auch weitere Beschlüsse und weitere Aktionen. Er leitet jetzt erst mal nur die vorbereitenden Untersuchungen ein. Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ist ein sehr komplizierter juristischer Prozess, und die vorbereitenden Untersuchungen müssen jetzt erst mal feststellen, ob die Voraussetzungen gegeben sind. Dazu gehört insbesondere, dass die Ziele nicht auf andere Weise erreicht werden können, oder dass die Eigentümer und Eigentümerinnen der betroffenen Grundstücke nicht bereit sind, zu verkaufen. Es ist zu erwarten, dass viele gegen eine Enteignung klagen werden.

Warum würden sie klagen? In einem normalen Bebauungsplan würden die Grundstücke wahrscheinlich recht teuer, denn die Ausweisung als Bauland bewirkt eine Wertsteigerung. Bei einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme werden die Grundstückspreise dagegen eingefroren. Das wäre dann ab heute. Das heißt, die Eigentümer können die Grundstücke nur noch zu diesem Preis verkaufen. Das werden sie nicht einsehen. Mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme wird es dann möglich, die Grundstücke zu enteignen. Das Gericht wird dann prüfen, und dann wird Art 14 des Grundgesetzes angewandt. Es wird feststellen, dass eine Enteignung möglich ist, aber dass die Entschädigung unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen ist. Die Stadt muss dann darlegen, dass die Interessen der Allgemeinheit die der Klagenden überwiegen und dass es keine Alternative zu den Plänen gibt. Das Gericht wird fragen, warum nicht einfach ein normaler Bebauungsplan möglich ist. Die Antwort wird sein, dass das schon ginge, nur dass dann die Grundstückspreise teurer wären. Die Frage ist, ob das Gericht dann anerkennt, dass teuerere Kaufspreise und damit höhere Kosten für die Stadt genügend Rechtfertigung ist für ein höheres Interesse im Vergleich zum Interesse der Grundstücksbesitzer. Das ist äußerst unwahrscheinlich. Vermutlich hat das dann keinen Bestand vor Gericht. Denn „nur sparen“, wenn man Bauland entwickeln will, ist noch lange kein höheres Interesse. Es ist einfach nur ein Sparinteresse, und Entwicklung geht dann eben doch mit einer anderen Methode.

Um unnötige Gerichtskosten zu vermeiden, beantragen wir, die Maßnahme lieber gleich abzubrechen. Es gibt hierfür noch viele andere Gründe, aber das ist erst mal das, was diese rechtliche Lage anbetrifft.

Wie schon erwartet, gab es Gegenwind von der Koa: Unsere Begründung „entbehre jeder Grundlage“, so die erste Sprecherin der Grünen. Sie sehe dabei keine rechtlichen Bedenken, und sie habe „einschlägige Berufserfahrungen von über 40 Jahren“. Wir spitzten gespannt die Ohren und warteten, ob jetzt auch konkrete Argumente kämen, also, ob sie neben diesen Behauptungen unsere Argumentation auch auseinandernehmen könnte.

Sie betonte dann, wenn Ziel und Zweck überzeugen, seien auch die Verfahren anerkannt und gerichtsfest. Ja, das ist richtig, es geht ja darum, ob Ziel und Zweck überzeugen. Unser Argument war ja gerade, dass sie das nicht tun. Aber stattdessen erklärte sie lang und breit, warum die Grünen damals umgekippt sind, denn damals waren sie ja bekanntlich dagegen. Der Kompromiss sei tragbar, weil wertvolle Biotope unangetastet blieben und weil die Bebauung „nachhaltig und zukunftsorientiert“ sei. Ob das stimmt, ist eine andere Diskussion, uns geht es in unserem Antrag darum, ob ein B-Verfahren wie in Bieber-Nord nicht ausreichen würde. Denn nur das interessiert das Gericht, aber nicht die Nachhaltigkeit.

Ein Teil des Geländes, auf dem geplant wird

Die Rednerin behauptete dann, dass ein „klassisches B-Plan-Verfahren allein“ eben nicht ausreiche. Wieder spitzten wir die Ohren, wie sie diese Behauptung begründen würde. Es kam aber keine Begründung, stattdessen nur: es sei ein komplexes Verfahren (ja, das haben wir ja auch schon gesagt), und die Wertabschöpfung „mag bei den Eigentümern auf wenig Begeisterung stoßen, steht aber im Einklang mit unseren Gesetzen“. Das mit der Begeisterung ist unerheblich, und die Gesetze sind dafür da, Sachverhalte auf ihren Einklang mit ihnen zu überprüfen. Es geht darum, was dann dabei herauskommt, finden wir. Sie sagte dann auch, dass es ungerecht sei, „Gewinne zu privatisieren und die Kosten der Allgemeinheit aufzubürden“. Das mag stimmen, aber leider passiert das ja alle Tage, und um diese grundsätzliche Debatte geht es bei Gericht nicht. Sie behauptete dann: „Die Ofa behauptet, die SEM sei ein Enteignungsgesetz“. Behauptungen einer Behauptung hatten wir ja schon öfter, nur ist sie leider Kokolores, wir haben nur gesagt, dass die SEM eine Enteignung ermöglicht.

Kurz, trotz 40-jähriger Berufserfahrung konnte die Rednerin nicht schlüssig darlegen, warum das Gericht die Klagen der Besitzer abweisen würde.

Helge ergriff dann noch mal das Wort: es wird sich in einigen Jahren zeigen, wer dann Recht hatte. (Das ist ja genau das, was die Koa stört. Vermutlich beschleicht einige schon längst das mulmige Gefühl, dass an unseren Argumenten etwas dran sein könnte.)

Danach betrat ein Redner der SPD das Podium. Er begann seine Rede mit Beschimpfungen und Beleidigungen. „Da steht schon wieder der Sozialismus vor der Tür“, spekulierte er über unsere Motivation für den Antrag. Er unterstellte auch, dass der Beschluss, den wir aufheben wollen, schon eine „Enteignung“ enthalte. Hatte er nicht zugehört? Wir haben ja gesagt, dass dies nur der erste Schritt in einem langen Verfahren sei. Aber weil das letzlich scheitern wird, sollte man sich auch den erste Schritt und damit auch unsere Steuergelder sparen, meinen wir. Aber hören wir weiter zu: Es sei eben ein „komplexes Verfahren“ (ja, das sagen wir alle, wir wiederholen uns). Das höhere Ziel sei, Wohnraum zu schaffen (ja, stimmt, wir wiederholen uns). Er erklärte dann völlig richtig, dass man jetzt noch nicht wisse, was aus den vorbereitenden Untersuchungen herauskäme. Dann warf er uns „puren Alarmismus“ vor, weil wir da pessimistisch sind, wie wir ja erläutert haben. Nun spitzten wir wieder die Ohren, er müsste ja jetzt darlegen, warum unser Pessimismus völlig unangebracht sei. Es kam aber nichts mehr, der Redner verließ das Podium.

Der Antrag wurde dann mit breiter Mehrheit abgelehnt, mit uns gestimmt haben nur die Freien Wähler, auch CDU und Linke waren dagegen.

Satzung und Wahlordnung des Seniorenrates (Video 5:02:32)

Dieses Thema treibt uns schon lange um, denn Annette nimmt regelmäßig an den Seniorenratssitzungen teil, in denen das Thema Hürden für die Kandidatur schon seit eineinhalb Jahren verhandelt wurde. Und schon vor über einem Jahr hatte der SR einen Satzungsentwurf vorgelegt, der aber monatelang nicht beachtet wurde. Als dann der Magistrat Anfang dieses Jahres Vorschläge für andere Regeln vorlegte, die im SR auf einhellige Empörung stießen, schrieben wir diesen Blogbeitrag: Senioren in Offenbach wählen demnächst den Seniorenrat und da kommt die Demokratie zu kurz! Zum Glück stellte sich dann heraus, dass die Vorschläge des Magistrats juristisch nicht haltbar waren.

sieben Senioren sitzen in der Sonne
Bild: Dall-E

Wir haben dann auch die Senioren der SPD und der CDU besucht, und auch dort waren sich alle einig, dass die alte Satzung absurd hohe Hürden für eine Kandidatur aufstellt, insbesondere wenn man die mit den Bedingungen zur Kandidatur als Stadtverordnete oder für den Ausländerbeirat vergleicht. So haben die Senioren offenbar doch in ihrem Druck nicht nachgelassen, und so hat der Magistrat endlich einen Antrag für eine neue Satzung vorgelegt, die immerhin einen Schritt in die richtige Richtung darstellt. Besser als nichts! Uns stört zwar immer noch, dass man Unterstützungsunterschriften nur für eine einzige Person leisten darf, obwohl man später auf dem Wahlzettel mehrere wählen kann, aber fürs Erste konte man wohl nicht mehr erwarten. Auch ist die Wahlperiode von 5 auf 4 Jahre verkürzt worden, auch das ist besser als nichts, und die Zahl der nötigen UUs sind von 30 auf 15 halbiert worden.

Annette hat dann in ihrer Rede erklärt, dass wir diesem Antrag zustimmen werden, weil wir uns freuen, dass nun wenigstens etwas passiert. Wir hoffen, dass sich viele Senioren und Seniorinnen motivieren, mitzumachen und sich zur Wahl stellen. Vorher hatten wir das Problem, dass es keine Nachrückerliste gab, weil überhaupt keine Wahl stattgefunden hatte. Naturgemäß gibt es auch in einer Wahlperiode von vier Jahren Ausfälle und man würde riskieren, dass der SR nicht mehr handlungsfähig ist, wenn man keine Nachrückerliste hat.

Sie betonte in ihrer Rede auch, dass der SR in der Vergangenheit sehr stiefmütterlich behandelt worden ist. Es gab viele Vorgänge, zu denen er nach Rechtslage hätte gehört werden müssen, z.B. zur ÖPNV-Kürzung, bei der man den Seniorenrat um eine Stellungnahme hätte bitten müssen. Das ist, widerrechtlicherweise, nicht passiert. Wir hoffen sehr, dass es in Zukunft mehr Respekt für den Seniorenrat geben wird.

Auch die SPD ergriff das Wort und bestätigte im Prinzip das meiste, was Annette gesagt hatte. Zum Schluss dankte er dem zuständigen Kämmerer Martin Wilhelm „ausdrücklich“ „für seine Arbeit“ (Applaus von der SPD). Wir spitzten die Ohren, weil wir gern gewusst hätten, was für eine Arbeit das war. Aber dazu hat er nichts gesagt, er sprach dann die Hoffnung aus, dass es viele Kandidatinnen und Kandidaten geben wird. Diese Hoffnung teilen wir.

Wir belassen es bei Berichten über diese Anträge, natürlich ist noch mehr passiert und auch dazu haben wir Meinungen. Aber der Bericht wird sonst zu lang und auch gar nicht mehr fertig.