Faust bietet Gretchen den Arm, von Peter von Cornelius (1811)

von Annette Schaper-Herget

Ich habe ja ein langes Berufsleben mit vielen Begegnungen hinter mir: Gemeinsame Projekte mit Kolleginnen und Kollegen, internationale Fachtagungen, Politikberatung usw.. Die meisten Menschen, mit denen ich zu tun hatte, waren Männer. Die meisten waren ausgesprochen nette, intelligente und angenehme Zeitgenossen und -genossinnen, mit einigen bin ich immer noch befreundet. Aber natürlich habe ich viel erlebt, was Männer so nicht kennen, hier ein paar Beispiele:


Eine Pest des menschlichen Miteinanders sind die sogenannten Mansplainer, sie tauchen nicht nur im Berufsleben auf, sondern überall. Hier ein paar weitere Beispiele:


Es gibt leider sehr viele Männer, die zu gerne Frauen die Welt erklären. Das ist ein systematisches Problem, denn dahinter steckt eine Rollenzuschreibung, nämlich dass Männer einen anderen Status haben und überlegen seien. Mit Hilfe herablassenden Erklärens versuchen sie, den Status aufrecht zu erhalten und sich weiterhin überlegen zu fühlen. Mansplaining ist oft nicht bewusst, aber es ist eine Art von Alltagssexismus, die den wenigsten auffällt. Manchmal haben Männer ein Problem, wenn der überlegene Status zu wackeln droht, dazu wieder eine Anekdote:


Kommen wir zum Frauentag: Da geht es um Wichtigeres als nur Kränkungen wegen fehlender Anerkennung. Es geht um Gewalt gegen Frauen, ungleiche Chancen, ungleiche Bezahlung, Altersarmut vor allem von Frauen und mehr. Aber es geht auch um patriarchale Strukturen und ungleiche Machtverhältnisse, und diese sind die Wurzel allen Übels. Mansplaining ist da nur ein Symptom. Wir müssen diese patriarchalischen Strukturen aufbrechen, die immer noch tief in vielen Köpfen verankert sind.

Und hier ein letztes aktuelles Beispiel: Offenbach hat eine Gleichstellungskommission und eine Frauenbeauftragte, die großartige Arbeit leistet und viel bewegt. Zum Frauentag gibt es jedes Jahr ein Foto mit allen Mitgliedern und Vertreterinnen der Gleichstellungskommission, ein Foto mit vielen Frauen!1 Nur Frauen? Nein, ein einziger Mann ist mit auf dem Foto, nämlich Herr Oberbürgermeister Dr. Schwenke. Das ist OK, auch Männer sollten sich für ein Aufbrechen von patriarchalischen Strukturen stark machen. Auch auf einem Ofa-Plakat zur OB-Wahl mit dem Titel „Frauenstimmen für Frauenrechte!“ posierten sowohl Frauen als auch Männer.

Nicht OK ist es allerdings, dass im Text der Pressemitteilung1 der Stadt zum Thema Frauentag und Frauenrechte nicht etwa die Frauenbeauftragte zitiert wird, sondern stattdessen der Herr OB, der offensichtlich besser weiß, was für die Emanzipation und Frauenrechte gut ist. Ein klassisches Beispiel für Mansplaining und leider ein fatales Symbol.

Ofa-Plakat zur OB-Wahl 2023



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  1. Foto und Pressemitteilung der Stadt zum Frauentag 2023: https://www.offenbach.de/buerger_innen/familie_soziales/frauen_und_maedchen/meldungen/frauentag-gruppenfoto09.03.2023.php




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