Offenbach, den 25.04.2025
Herrn
Stadtverordnetenvorsteher
Stephan Färber
im Hause
Anfrage der Ofa-Fraktion nach § 50 HGO
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
gemäß § 50 HGO richten die Stadtverordneten der Ofa-Fraktion die nachstehende Anfrage an den Magistrat mit der Bitte um Beantwortung innerhalb der geschäftsordnungsgemäßen Frist.
Vorbemerkung:
Die Datenverarbeitung in Offenbach ist stark abhängig von amerikanischen Anbietern. Hierzu gehören z.B. Microsoft Office oder Ciscos Webex. Dateien, die Stadtverordnete an den Sitzungsdienst schicken, müssen im proprietären Microsoft-Format formatiert sein. Das offene Format von LibreOffice ist nicht erlaubt. Dies wird mit „Sicherheit“ begründet. Webex fällt immer wieder durch Sicherheitslücken auf, dabei gibt es Alternativen, die unabhängig von amerikanischer Software und Servern sind.
Bei diesen amerikanischen Produkten wird zwar behauptet, dass diese auch der DSGVO entsprechen, überprüfbar ist dies jedoch nicht. Die jüngsten Entwicklungen der amerikanischen Politik zeigen, dass auf solche Beteuerungen kein Verlass mehr ist. Sie zeigen auch, wie schnell früher verlässliche Vereinbarungen erodiert werden können.
Tatsächlich haben Open-Source-Projekte, gerade weil ihr Quellcode offen ist, ein wesentlich höheres Bestreben, eine von Haus aus sichere Lösung zu sein.
Eine Ursache für die konservative Trägheit sind Ängste vieler Entscheider vor Neuerungen, weil diese mit Lernaufwand verbunden sind, vor allem wenn sie keinen naturwissenschaftlichen Hintergrund mitbringen. Dieses wiegt umso schwerer, als die Fachkenntnis nur bei Mitarbeitern der unteren Hierarchie vorhanden ist, die aber keine Entscheidungsbefugnis haben.
Eine weitere Ursache ist der Vendor-Lockin, also das Problem, dass Services innerhalb des eigenen Ökosystems gut funktionieren und in Verbindung mit anderen Produkten des gleichen Herstellers weitere Vorteile bieten, jedoch beim Wechsel auf andere Produkte zunächst Probleme und Arbeitsaufwand erfordern. Dies gilt jedoch nur für eine Übergangsphase. Der Vendor-Lockin bedroht auf Dauer die Handlungsfähigkeit des Staates.
Leider fehlt eine umfassende Strategie, wie die Verwaltung souveräner werden kann. Der Beschluss 2021-26/DS-I(A)0464/1 ist auch nur punktuell und bezieht sich nur auf die Anschaffung von Einzelsoftware. Auch ist unklar, was in dem Beschluss „qualitative Gleichwertigkeit und ähnlicher finanziellen Aufwand“ bedeutet, wie das definiert ist und wer das entscheidet.
Die „Strategie Open Smart City“ der Stadt nennt englischsprachig drei „Leitplanken“ Open Government, Open Data und Open Source und verspricht mehr Transparenz. Trotzdem ist das Bemühen um Open Source Software entweder nicht vorhanden oder völlig intransparent. Es ist unklar, wie die Ziele dieser Strategie konkret erreicht werden können. Auch das Open Data Portal, das seit langem versprochen und aufwendig beworben wurde, existiert bekanntlich immer noch nicht.
Vor zwei Jahren wurde beschlossen, dass der Magistrat prüfen und berichten soll, ob eine einheitliche Videokonferenzsoftware für die Stadtverwaltung und die städtischen Gesellschaften eingeführt werden soll, die bestimmte Kriterien erfüllt (2021-26/DS-I(A)0443/1). Dieser Bericht liegt bis heute nicht vor.
Datensouveränität bedeutet die Verwendung von Software, die relativ autonom verwaltet werden kann. Dies trifft auf Open Source Software zu. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn entsprechende Kompetenzen in die Verwaltung gebracht werden, die über die einer isolierten Stabsstelle hinausgehen. Nur mit entsprechendem Wissen sind kompetente Entscheidungen möglich.
Hierzu haben wir folgende Fragen:
- Welche Firma hostet die Cloud der Verwaltung?
- Befinden sich die Server dieser Firma in Europa?
- Warum ist es nicht möglich, Dateien in einem Open Source-Format, z.B. odt oder Rich Text (rtf), zu schicken?
- Gibt es Kriterien für das Entscheidungsmerkmal „qualitative Gleichwertigkeit“ bei der Entscheidung für neue Software?
- Gibt es für die Verwaltung eine Kriterienliste für die Anschaffung von neuer Software?
- Falls ja, kann man die irgendwo einsehen?
- Falls ja, wer hat die erstellt und wer hat darüber entschieden?
- Falls nicht, welche Abteilung entscheidet über die Anschaffung neuer Software?
- Falls nicht, wie wird konkret dafür gesorgt, dass die „Leitplanken“ der Open City Strategie Beachtung finden.
- Wie weit ist inzwischen der Bericht zum Beschluss 2021-26/DS-I(A)0443/1 inzwischen gediehen?
gez.
Dr. Annette Schaper Herget
Fraktionsvorsitzende