Brief an die Untere Naturschutzbehörde

Sehr geehrte Damen und Herren der unteren Naturschutzbehörde, sehr geehrte Frau Groß,

vielen Dank für die Organisation einer Begehung der Streuobstwiese und die interessanten und kenntnisreichen Vorträge! Wir haben viel über Ihre Aktivitäten gelernt. Nun hoffen wir, dass eine solche Begehung, wie angekündigt, im Herbst wiederholt wird.

Städtische Streuobstwiese mit vielen Bäumen
Die städtische Streuobstwiese hinter dem Bieberer Friedhof


Wir erlauben uns, Ihnen ein Feedback von unseren positiven und negativen Eindrücken zu geben:

Wir waren erfreut, dass Ihre Priorität die Biodiversität auf dieser Magerwiese ist. Auch das Vorgehen bei der Mahd, die immer Blühflächen übrig lässt, gefällt uns sehr. Vom Steinhaufen für Echsen sowie der Strauch/Buschanlage sind wir begeistert.

Allerdings sind wir sehr enttäuscht, was die Anlage der Streuobstwiese betrifft!

Lassen Sie uns dies kurz erklären:

Es ist schwierig, Apfelbäume auf einer Magerwiese anzulegen, denn für das Anfangswachstum brauchen sie zunächst Dünger. Bäume aus Baumschulen sind nährstoffreich gewachsen, gedüngt, gewässert und gepflegt worden. Wenn sie in einen nährstoffarmen Boden verpflanzt werden, haben sie Probleme anzuwachsen, vor allem, wenn sie schon größer sind. Sie hungern dann in dem nährstoffarmen Boden, woraufhin sie vergreisen, und dies ist kaum rückgängig zu machen.

Wenn man trotzdem Obstbäume auf einer Magerwiese anlegen will, sollte man folgendermaßen vorgehen: Man wählt anspruchslose, Trockenheit vertragende Lokalsorten. Hier würden sich z.B. den Bürgstadter Rote oder den Schöne von Miltenberg empfehlen. Diese Sorten bekommt man schwer in den gängigen Baumschulen, es gibt hierfür jedoch spezialisierte. Diese sollten nur Wildsämlinge als Unterlage verwenden, und von Anfang an an den Boden gewöhnt sein. Es ist aufwendig, eine solche Baumschule zu finden, die diese Bedingungen erfüllt. Wichtig ist noch, dass die Bäume nicht schon zu alt sind. Je jünger sie sind, desto besser gewöhnen sie sich an den neuen Boden. Dann ist für die nächsten ca. zehn Jahre eine gehackte Baumscheibe nötig, sowie Düngung in den ersten Jahren, damit sich der Baum eingewöhnen und entwickeln kann.

junger Apfelbaum, dessen Spitze gekappt ist
Zwei Bäume, deren Spitzen gekappt sind
junger Apfelbaum, dessen Spitze gekappt ist

Weiterhin bedarf es eines jährlichen Erziehungsschnittes am Baum. Der kann in Frucht, Holz oder Laub gehen, je nachdem, was man möchte. Nicht schneiden bedeutet „Verwilderung“ und keine gesunden, schöne und langlebige Bäume. Nicht geschnittene Bäume vergreisen vorzeitig. Wenn aber auch noch der Mitteltrieb entfernt wird, hat das fatale Folgen für den Baum (Siehe hierzu den Anhang). Bäume, die richtig gepflegt werden, können sehr alt werden.

An Hand von diesen Anforderungen, die nicht erfüllt sind, sehen wir, dass es in Offenbach nicht gelingen kann. Zum Teil stehen ja sogar auch noch gesetzliche Vorgaben entgegen.

Es kann natürlich so weiter gemacht werden, eine Streuobstwiese gibt es dann aber bestimmt nicht.

Wir würden uns freuen, wenn sich hier mehr entwickeln könnte und sind gerne bereit, dabei mitzuhelfen.

Anhang: Aus der „Broschüre Streuobstwiesen“, Hrsg: Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Rheinland-Pfalz, 2002:

„Dennoch gibt es keine Gründe, den Baum radikal zu stutzen. Solange der Baum gesund ist und solange keine wirkliche Notwendigkeit besteht, sollte die Krone im natürlichen Umfang erhalten bleiben. Kappungen sind deshalb abzulehnen, da sie für den Baum einen gravierenden Eingriff bedeuten. Ein naturgemäßer Kronenaufbau ist nicht mehr möglich. In die großen Schnittstellen dringen holzzersetzende Pilze ein, die das Holz zerstören. Zusätzlich können die Wurzeln der Bäume nicht mehr ausreichend mit Assimilaten versorgt werden und sterben teilweise ab. Das Fatale an dieser Situation ist, dass der Baum so genannte Adventivwurzeln bildet, mit denen er die Nährstoffversorgung sicherstellt, die aber keinerlei statische Funktion übernehmen. Dies wird nicht durch Vitalitätsverlust, frühzeitigen Blattfall und Totäste angezeigt. Die Standsicherheit des Baumes wird auf jeden Fall erheblich beeinträchtigt.“





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