Annettes Oma Gisela (links) mit drei ihrer Schwestern (Ilse, Adelheid und Henriette, 1957)


Offenbach hat nach der neusten Zählung des Amts für Statistik und Wahlen 143.678 Einwohner und Einwohnerinnen (Tabelle vom 31.12.2022). Davon sind 31.045 über 60 Jahre alt. Sie sind unsere „Senioren“. Das ist eine große Bevölkerungsgruppe, immerhin 21,6 % unserer Mitmenschen in Offenbach.

Senioren haben viele spezifische Interessen und Anliegen, die in der Politik häufig vernachlässigt werden. Daher wird für ihre Mitbestimmung der Seniorenrat gewählt. Es ist wichtig, dass der Seniorenrat aktiv arbeiten und seine Interessen vertreten kann. Es geht um Fragen wie die Zukunft des ÖPNV, bei dem er nicht wieder übergangen werden darf. Der nächste Wahltermin wird im Sommer 2023 liegen, ein genaues Datum ist noch nicht bekannt.

Wahlberechtigt sind alle Senioren und Seniorinnen in Offenbach, die auch für die Kommunalwahl und die Oberbürgermeisterinwahl wahlberechtigt sind, das sind alle mit einem deutschen oder einem EU-Pass. Laut Amt für Statistik und Wahlen haben 84.188 der Offenbacher Bevölkerung einen deutschen Pass und 32.500 einen EU-Pass, zusammen 116.688. Das sind 81,2 % aller Einwohner und Einwohnerinnen. Und 81,2 % der Senioren machen 25.213 Wahlberechtigte für den Seniorenrat aus.

Leider sind aber die Hürden, um in den Seniorenrat gewählt zu werden, sehr hoch, und das schafft Probleme:

1. Hürde: eine zu lange Wahlperiode

Tortendiagramm, das die Zusammensetzung der Offenbacher Bevölkerung erklärt, nach Altersgruppen und nach Pässen
Unsere Leute in Offenbach: so ist unsere Bevölkerungsstruktur

Das erste Problem ist die lange Wahlperiode. Die 15 Mitglieder des Seniorenrats werden nämlich für fünf Jahre gewählt. Schon das ist eine große Hürde! Wie es in der menschlichen Natur so ist, erkranken ältere Leute öfter mal und manche sterben. Wir kennen ältere Leute, die durchaus Lust hätten, zu kandidieren, die aber abwinken, wenn sie hören, dass sie dann fünf Jahre lang im Amt sein sollen:: „Nein, ich weiß doch nicht, ob ich noch so lange Kraft und Lust habe. Da kann ich eine Kandidatur nicht verantworten!“ Tatsächlich besteht der Seniorenrat jetzt nur noch aus 6 statt 15 Mitgliedern und ist öfter mal nicht beschlussfähig. Einige sind gestorben und einige sind zurückgetreten. Leider gibt es auch keine Nachrücker, das liegt daran, dass weitere Kandidaten und Kandidatinnen damals bei der Wahl verzichtet haben und infolgedessen überhaupt keine Wahl organisiert werden musste. So waren 2016 genau 15 Bewerberinnen und Bewerber zugelassen, und deshalb hatte man alle in den Seniorenrat berufen und sich die Organisation einer Wahl gespart. Das rächt sich nun, weil der Seniorenrat nach einigen Jahren ohne Nachrücker kaum noch arbeitsfähig ist.

Deshalb wünscht sich der Seniorenrat einhellig eine kürzere Wahlperiode. Das Kinder- und Jugendparlament hat z. B. eine Wahlperiode von nur zwei Jahren, die Gründe dafür sind offensichtlich. Das Problem, auch für den Seniorenrat eine kürzere Wahlperiode einzuführen, besteht darin, dass man dann öfter Wahlen veranstalten müsste. Und das ist Arbeit und kostet, und es soll in Offenbach ja nicht enden wie bei der Berlin-Wahl. Deshalb stehen die Vorstellungen von Seniorenrat und Rathaus diametral gegeneinander. Der Magistrat schlägt ein Verfahren vor, mit dem Interessierte ohne Wahl nachrücken können. Aber das führt die Demokratie ad absurdum.

2. Hürde: Unterstützer dürfen nur für eine einzige Person unterschreiben

Es gibt aber eine noch größere Hürde für die Beteiligung: Jede Bewerberin und jeder Bewerber, die nicht bereits vorher schon zum Seniorenrat gehörten, müssen für ihre Zulassung jeweils 30 Unterstützer finden, die den Wahlvorschlag unterschreiben. Das hört sich nicht viel an, und neue Wählervereinigungen wie wir müssen ja auch Unterstützerunterschriften (UU) sammeln. Zurzeit sammeln wir mindestens 142 UUs für Annettes Oberbürgermeisterin-Kandidatur (hier geht es zum aktuellen Stand der Sammlung). Wir finden das für uns sinnvoll, denn wir wollen ja sowieso bekannt werden. Auch für die Kandidatur zum Ausländerbeirat muss man UUs sammeln.

Aber: Die Zahl von 30 UUs pro Bewerberin ist problematisch, weil jeder Wahlberechtigte nur einmal und nicht mehrfach unterschreiben darf. Wenn man z. B. fünf Bekannte hat, die einen alle um eine UU bitten und die man alle sehr schätzt und für geeignet hält, muss man leider nur eine aussuchen und den anderen die Unterstützung verweigern. Um UUs für die OB-Wahl konkurrieren keine 15 Bewerber. Ja, aber – so wendet dann jemand ein – ist das nicht bei der Kommunalwahl und der Ausländerbeiratswahl genauso? Antwort: Nein, es ist nicht genauso, denn bei diesen Wahlen wählt man ganze Listen, also gleich ganze Gruppen von Kandidaten. Bei der Seniorenratswahl gibt es aber keine Listen. Ja, aber – so wendet der jemand dann weiter ein – das ist doch nicht so schlimm, 30 ist doch nicht so viel!

Doch, das ist es! Um zu verdeutlichen, warum das ungerecht ist, machen wir mal eine kleine Rechnung:

Für eine einzige Kandidatur braucht man 30 UUs von 25.213 Wahlberechtigten, also Unterstützung von 0,12 % aller Wahlberechtigten. Zum Vergleich die Kommunalwahl: Wenn wir mit Ofa e. V. antreten wollen, brauchen wir 142 UUs von 89.947 Wahlberechtigten (alle über 18 mit deutschem oder EU-Pass), also etwa 0,16 % aller Wahlberechtigten. Diese Prozentzahlen sind vergleichbar.

Wieder ein Aber! Da ist ein eklatanter Unterschied: Wir können mit Ofa nämlich eine lange Liste aufstellen, theoretisch mit bis zu 71 Kandidaten. Pro Kandidatin ist die Zahl der nötigen UUs dann nur noch 0,16% geteilt durch 71! Listen aufstellen können die Senioren nicht! Jedes der 15 Mitglieder des Seniorenrats braucht seine eigenen 30 UUs. Macht 15 mal 30 = 450 UUs von unterschiedlichen Wahlberechtigten (falls jemand wieder kandidiert, sind es etwas weniger, aber falls mehr als 15 kandidieren, sind es noch mehr) und das sind etwa 1,8 % aller Wahlberechtigten! Das ist sehr viel, denn die muss man bei der UU-Sammlung erst mal erreichen. Ältere Leute sind aber nicht so oft unterwegs wie jüngere, sie leben z. T. in Seniorenheimen und viele sind pflegebedürftig. Jüngere trifft man dagegen oft auf dem Markt, auf Veranstaltungen oder in Parks.

Das Problem wäre auf der Stelle gelöst, wenn Wahlberechtigte mehrere Kandidierende unterstützen dürften.

Das Problem wäre auf der Stelle gelöst, wenn Wahlberechtigte mehrere Kandidierende unterstützen dürften. Dann wäre die Suche nach UUs im Aufwand vergleichbar mit der Suche nach UUs für die Kommunalwahl und andere Gremien. Diese Tabelle fasst die hier beschriebene Rechnung noch mal zusammen und ergänzt sie um den Ausländerbeirat:

Demokratisches GremiumZahl der MitgliederZahl der Wahl-berechtigten *benötigte UUs für 1 ListeUUs für Liste pro Wahl-berechtigte in Prozentbenötigte UUs pro Kandidat/inUUs pro Kandidat/in in Prozent
Stadtverordneten-versammlung7189.947 *1420,16zwischen 2 und 142 je nach Listenlängezwischen 0.0022 und 0,16 je nach Listenlänge
Seniorenrat1525.213 *300,12
Ausländerbeirat2545.857 *500,11zwischen 2 und 50 je nach Listenlängezwischen 0,0043 und 0,11 je nach Listenlänge
* Quellen: Amt für Statistik und Wahlen: Nationalitäten in Offenbach a. M. (Stand 31.12.2022), Bevölkerung nach Alter am 31.12.2022. Aus der Altersstatistik haben wir errechnet, dass 21,6 % Leute über 60 Jahre und 18,6 % unter 18 Jahre alt sind. Dies wurde dann auf die Statistik der Nationalitäten angewandt.

Die Wählervereinigung Offenbach für alle tritt ein für:

  • Herabsetzung des Wahlperiode für den Seniorenrat auf 3 Jahre!
  • Wahlberechtigte dürfen mehrere Kandidierende für den Seniorenrat unterstützen!

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